Ein Privatgefängnis von Colorado. Hier: Crowley County Correctional Facility, betrieben von der Nr. 1 der Branche: Corrections Corporation of America (CCA). Foto © Philippe Brault
Die Privatisierung von Haftanstalten lässt sich in zwei Kategorien unterteilen:
gemischter Betriebgenannt: Die öffentliche Hand tritt einen Teil des Gefängnisbetriebs an Privatunternehmen ab. Auch diverse Dienstleistungen (Großküche, Wäschereibetrieb, Reinigungsarbeiten, Gefängnissupermarkt) sowie die Wartung der Anlagen und Gebäude und sogar die Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen für die Häftlinge wie auch die Leitung von Gefängniswerkstätten können Privatunternehmen übertragen werden. Neuerdings umfasst diese Partnerschaft auch den Bau der Anstaltsgebäude. Im Jahre 2009 wurden in Frankreich 38 von insgesamt 194 Haftanstalten
gemischt betrieben.
Auch wenn die schleichende Privatisierung weltweit unterschiedliche Formen annimmt, sind die Gründe dafür immer die gleichen: rasanter Anstieg der Insassenzahlen, Überalterung der bestehenden Anlagen, Kürzung der öffentlichen Mittel...
Die USA ist das erste Land, das Privatgefängnisse eingeführt hat. Schon im Jahr 1984 wurde dort mit der Eröffnung eines 100% privat geführten Gefängnisses – Überwachung inbegriffen - der erste Schritt in diese Richtung unternommen. Trotz vehement geäußerter Vorbehalte, auch seitens des Kongresses, der auf mögliche Interessenskonflikte zwischen Rentabilität und Haft verwies, erlebte der Sektor einen Boom. Im Jahr 2006 waren ca. 7 bis 10% der Gefängnisplätze in den Vereinigten Staaten in der Hand privater Unternehmen. (Quick facts about prison privatization [PDF]). Ausschlaggebend für deren Wirtschaftlichkeit ist die Anzahl an Häftlingen. Heute beläuft sich der Tagesdurchschnitts-Tarif
pro Häftling auf ca. 55 Dollar. Dieser Betrag ist vertraglich festgelegt und wird von den verschiedenen amerikanischen Bundesstaaten an die privaten Betreiber von Haftanstalten gezahlt.
In den neunziger Jahren sorgt die Privatisierung für Aufregung in den Medien. Vor allem als zwei Richter, die Häftlinge in Privatgefängnisse eingewiesen hatten, überführt werden, dafür Bestechungsgelder entgegengenommen zu haben, worüber Frank Smith in unserem Film Prison Valley
berichtet.
Die Gegner der Privatgefängnisse werfen ethische Argumente, denen in diesem Land ein hoher Stellenwert beigemessen wird, in die Diskussion. Manche sehen in der Privatisierung von Gefängnissen eine Rückkehr zu Versklavungs- und „convict leasing“-Praktiken (Bereitstellung von Haftleiharbeitern durch den Staat an Privatunternehmen).
Andere sehen die Privatgefängnisse heute zu Zeiten der Kürzung öffentlicher Gelder in Amerika als Alternativlösung an.
Die Privatgefängnisse beherbergen meist keine Häftlinge, die als hochgefährlich eingestuft sind. Sie beteuern, eine niedrigere Belegungsrate als die öffentlichen Anstalten und ein Verhältnis zwischen Personal- und Häftlingszahlen zu haben, das dem Durchschnitt entspricht. Zahlreiche Gewerkschaften und politisch engagierte Personen, die wir in Denver und in Cañon City (Colorado) gesprochen haben, bestreiten dies jedoch.
Zwei Drittel des Sektors werden von zwei Giganten dominiert:
Hier gibt es zwar nur eine Teilprivatisierung, aber die ist im Vormarsch. Für den Privatsektor geöffnet wurden die Gefängnisse durch das Chalandon-Gesetz vom 22.Juni 1987. In die gleiche Richtung weist das 2002 verabschiedete Gesetz LOPJ (Loi d’orientation et de programmation pour la justice), das eine Modernisierung des Haftanstaltsparks anstrebt (13.200 Plätze) - Budget: 1,4 Milliarden Euro.
Kraft dieses Gesetzes können alle Bereiche, die nicht unter die staatshoheitlichen Funktionen fallen (ausgenommen sind also die Leitung der Gefängnisse, die Überwachung der Häftlinge und die Beurkundung) in öffentlich-privater Partnerschaft an Privatunternehmen übergeben werden. Alles andere, einschließlich Planung und Bau bestimmter Gefängnisse, kann privatisiert werden. Diesbezüglich verpflichtet sich der Staat dann, je nach Höhe der Baukosten über lange Jahre Mietzahlungen zu leisten.
Missstände in der Planung solcher halbprivaten Gefängnisse, wie z.B. ein defektes Schließsystem in Roanne oder ein defektes Stromversorgungssystem in Mont-de-Marsan, das im Dezember 2008 zum Ausfall der Beleuchtungs-, Heiz-, Videoüberwachungs-, Telefon- und Türöffnungsanlagen geführt hatte, sorgten für Kritik. Es werden viele Stimmen laut, denen zufolge Rentabilitätsbestrebungen nicht mit den Qualitätsanforderungen zu vereinbaren sind.
Erst kürzlich wurden sogar Pläne und Sicherheitscodes eines neuen Gefängnisses entwendet. Sie befanden sich in vier Laptops eines namhaften Bauunternehmers.
Die Unternehmen, denen diese Öffnung für den privaten Sektor zugute kommt, gehören in den meisten Fällen dem Bau- oder Energiebereich an. Sie stellen ein Oligopol dar, zu dem folgende Firmen gehören:
Facility Management
bezeichnet, ist Gepsa einer der wichtigsten Partner der Strafvollzugsverwaltung. Sie ist am gemischten Betrieb von fünfzehn Einrichtungen beteiligt. (Quelle).
Wir lehnen es strikt ab, in Ländern tätig zu werden, in denen die Todesstrafe verhängt wird. Deswegen ist Sodexo beispielsweise nicht in den Vereinigten Staaten tätig.
wichtigste unabhängige französische Energie- und Umweltdienstleistungskonzernist auch auf dem Gebiet des
Facility Management
tätig. Idex ist maßgeblich am Bau der neuen Haftanstalten, die in Poitiers und Le Mans in Betrieb genommen wurden bzw. die in Le Havre bald in Betrieb genommen wird, beteiligt. (Quelle).Aber auch andere französische Größen des Baugewerbes wie Spie Batignolles und Dumez (Vinci Construction), fassen auf diesem aufstrebenden Markt Fuß.
Weiterer Streitpunkt: Tätigkeit und Berufsausbildung, die den Häftlingen in diesen Anstalten angeboten werden. So soll in Einrichtungen für Untersuchungsgefangene und kurze Strafen der Mindeststundenlohn bei 3,27 Euro und bei 3,54 Euro in Strafvollzugsanstalten liegen, während er nach allgemeinem Arbeitsrecht 7,61 Euro beträgt. Der Wirtschafts- und Sozialrat (Conseil économique et social) hat 2006 diesbezüglich in den Privatgefängnissen herrschende Mängel aufgezeigt. Dies veranlasste Gonzague Rambaud und Nathalie Rohmer in ihrem Buch Le Travail en prison (Arbeit im Gefängnis
) [Éditions Autrement, Januar 2010] zu folgender Schlussfolgerung: Indem das Justizministerium Privatunternehmen die Schlüssel der in den nächsten Jahrzehnten zu bauenden Haftanstalten anvertraut, beschert es multinationalen Firmen ein gewinnbringendes Geschäft (…). Ein Vorteil für die Häftlinge hinsichtlich Arbeit und Berufsausbildung lässt sich nur schwer ausmachen, wenn man von einer Werbekampagne absieht, in der der außergewöhnliche Werdegang einer kleinen ausgesuchten Schar von Häftlingen dargestellt wird. Nach zwanzig Jahren Privatisierung muss man feststellen, dass der Privatsektor keinesfalls bessere Ergebnisse erzielt als die Strafvollzugsbehörde selbst: Sowohl das Angebot an qualifizierender Arbeit als auch Anzahl und Qualität der Berufsausbildung lassen in den Privatgefängnissen in gleichem Maße zu wünschen übrig.
Le Travail en prisonvon Gonzague Rambaud und Nathalie Rohmer — Éditions Autrement, Januar 2010
Nouvelles prisons— Internationales Gefängnisobservatorium
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Prison Valley-Foren, Forensoftware: Vanilla 1.1.10.
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